Manuscripta juridica

[Principal Investigator: G. R. Dolezalek]







Codex Justinianus


Author(s):

  • Justinianus imperator

Codex Justinianus . Incipit normal. Ohne die Einleitungskonstitutionen. Die Handschrift bricht am Ende von C.9.51.9 ab, es fehlen also die letzten Leges des neunten Buches.

Die einzelnen Faszikel der Handschrift sind von verschiedenen Händen geschrieben, zweispaltig, meist rotbraun, streckenweise schwarzbraun, mit vollständigen Inscriptiones und sorgfältig geschriebenen Resten griechischer Texte. Offensichtlich war der Text in Portionen auf zahlreiche Schreiber verteilt. Am Faszikelende bleibt nämlich oft Platz übrig.

Die Inneninitialen sind in Tinte ausgeführt und streckenweise rot verstärkt. Die Außeninitialen sind bei den meisten Strecken rot. Im Anfangsteil fehlen sie. Uneinheitlich wie die Textstücke sind auch die Buchanfänge. Das Anfangs-I ist nicht ausgeführt. Bei einigen Büchern ist nicht einmal Platz dafür in den Textzeilen ausgespart.

Bei einigen Leges lesen wir vollständige und korrekte Subskriptiones, zum Beispiel bei C.6.26.11 - C.6.27.2 und bei C.8.48. Außerdem merkt die Handschrift in roter Tinte an, wo eine 'Constitutio greca' ausgelassen ist.

Der Text ist an einigen Stellen vervollständigt worden durch Nachtragen fehlender Constitutiones auf dem Außenrand (z. B. fol. 33va, 35rb, 63va, 84rb). Andere Stellen sind radiert und neu überschriftet (z. B. fol. 64vb, 65ra, 103va). Einige Einzelheiten dazu sind unten beschrieben.

Die Handschrift ist in mehrerer Hinsicht ungewöhnlich. Es fällt auf, dass sie nicht zur Glossierung bestimmt war, obwohl doch in einer Zeit geschrieben, als Glossen gängig und unglossierte Handschriften kaum benutzbar waren: nämlich vielleicht in den vierziger Jahren des zwölften Jahrhunderts.

Dem Auftraggeber kam es offensichtlich einzig auf den Text an; denn für Glossen ist kaum Platz. Die Innenränder sind durchweg sehr schmal, bei einigen Blättern läuft die Textschrift bis in den Falz hinein, konnte also nur im noch ungebundenen Zustand ohne Mühe gelesen werden. Die Außenränder waren, das zeigen Streuglossen, schon immer in etwa so schmal wie heute. Solche Maße finden sich in normalen Handschriften beim Innenrand! Oben und unten ist zwar etwas Rand abgeschnitten, aber nicht viel: Bei Fol 109 lässt sich an einer umgeknickten Ecke messen, dass unten 8 mm fehlen. Im wesentlichen hatte die Handschrift also von Anfang an ihr heutiges kleines Format. Es war also gar kein Platz für umfangreiche Glossierung vorgesehen.

Zur Erklärung muss man wohl vermuten, dass wir ein Petien-Exemplar vor uns haben: Von den damals noch ungebundenen Faszikeln dieser Handschrift wurde im 12. Jahrhundert abgeschrieben. Daher die Sorgfalt bei eingestreuten griechischen Worten in lateinischen Leges, daher die in den Falz laufende Schrift und das Interesse nur für den Text und nicht für die Glossen.

Für die Vermutung, dass wir eine Petia vor uns haben, sprechen noch folgende weitere Indizien:

Die Faszikel haben auf den Innenrändern jeweils sechs Löcher, senkrecht untereinander angeordnet. Diese Löcher dienten vermutlich früher für sechs Fäden, die die Blätter jedes einzelnen Faszikels für sich locker zusammenhielten. Die Handschrift war also nicht gebunden, sondern bestand aus losen Faszikeln.

Weiterhin ist zu sehen, dass die Textlinien auf vielen Blättern unsorgfältig über die Textkolumnen hinaus bis auf den Rand gezogen sind, was hässlich aussieht. Offensichtlich legte derjenige, der diese Linien zog, keinen Wert auf ein schönes Schriftbild. Das zeigt sich im übrigen auch daran, dass an mehreren Stellen die Leges hintereinander geschrieben wurden, anstatt die Leges jeweils mit einer neuen Zeile beginnen zu lassen, wie dies üblich war.

An Stellen, wo eigentlich Authentiken stehen müssten, steht statt dessen eine Markierung in Form eines schräg durchstrichenen Kreises. Bei fol. 52ra steht am Rand 'constitutio', ebenfalls als Platzhalter für eine nicht geschriebene Authentica. Lediglich auf fol. 90 ss. sind einige Authentiken geschrieben, von späteren, unsorgfältigen Händen. Anscheinend gab es gesondert eine eigene Textvorlage nur mit den Texten der Authentiken. Listen dieser Art, in denen Authentiken für sich allein stehen, sind erhalten in MSS Kraków AKM 89/53 und Montecassino 313.

An folgenden Stellen zum Beispiel ist der Text durch Rasuren oder durch Nachträge verändert worden, weil er lückenhaft war oder weil die Leges in falscher Reihen folge standen:

Im Titel C.5.12 wurde mehrfach herumverbessert: Zunächst wurden anscheinend alte, originale Blätter zu C.5.12 korrigiert und mit Nachträgen versehen. Diese Korrekturen wirkten schließlich so störend, dass jener Schreiber, der die Rubrikenlisten einheftete, den unübersichtlichen Zustand zu bessern suchte, indem er C.5.12.24-30 weitab vom Ort neu schrieb, nämlich auf dem Rubrikenblatt zu Buch 5, fol. 74ra-rb. Ein späterer Bearbeiter ärgerte sich über dieses Provisorium. Er entfernte die unschön gewordenen Originalblätter aus C.5.12 und ersetzte sie durch neu geschriebene Blätter. Den nunmehr überflüssig gewordenen Text C.5.12.24-30 auf dem Rubrikenblatt strich er durch. Auf dem neu eingehefteten Blatt fol. 85 ist C.5.12.30-31 in besonders großer Schrift geschrieben, um den Anschluss an das erhalten gebliebene Blatt 86 zu erreichen. Das gelang allerdings nicht ganz: Bei fol. 85vb blieb leerer Raum.

Im Titel C.5.14, auf fol. 87r, sieht man deutlich, dass radiert und neu geschrieben wurde. Auch von C.5.16 bis vor C.5.17.5 hatte offensichtlich der alte Text große Lücken und Fehler und musste neu geschrieben werden. Und wiederum erreichte der neue Text nicht den Anschluss an C.5.17.5, so dass hinter dem neu geschriebenen Text zu C.5.17.4 noch eine Kolumne mit radiertem altem Text zu sehen ist. Vor der Rasur standen dort folgende alte Texte: C.5.16.25; C.5.17 Rubrica; C.5.17.2; C.5.17.4.

Die Leges C.6.22.4-8 stehen korrekt am richtigen Ort. Dennoch springt im nach folgenden Faszikel auf fol. 110rb-va der Text hinter C.6.24.12 plötzlich zu C.6.22.4. Diese Lex hat keine Inskription und hat einen fremden, vermutlich durch Konjektur gebildeten Anfang. Es folgen dann C.6.22.5-8 § 1a, und danach läuft der Text normal mit C.6.24.13 ss. weiter. Als Erklärung vermute ich, dass die Mutterhandschrift, aus der MS Berlin, SBPK, Lat. fol. 273 abgeschrieben wurde, den Text C.6.22.4-8 an dieser falschen Stelle hatte, und zwar auf einem zerfledderten losen Blatt, dessen oberste Zeile fehlte oder unlesbar war. Und vermutlich waren am richtigen Ort in der Mutterhandschrift, nämlich bei C.6.22.3, die fehlenden Leges C.6.22.4-8 am Rande nachgetragen, so dass sie dort abgeschrieben werden konnten. Wahrscheinlich stand neben der entsprechenden Passage im Titel C.6.24 'va-cat', was aber der Schreiber von MS Berlin, SBPK, Lat. fol. 273 übersah.

Hinter C.7.72 herrscht Durcheinander, und eine hilfreiche Notiz bemerkt dazu: 'Quere alia pagina sequenti ordinem' (fol. 145v). Es stehen hintereinander C.7.74 - C.7.75.1; lex 3; lex 6; lex 2; lex 4-5; C.7.73. Und wie von der Notiz angekündigt, sind auf fol. 146rb die Anfänge der Leges in richtiger Reihen folge aufgelistet. Nachträglich wurden bei den Buchanfängen Blätter eingefügt, auf denen die Titel des anstehenden Buches aufgelistet sind. Beim Anfang der Bücher 2, 5 und 7 stört das nicht, weil ohnehin diese Bücher jeweils auf einem neuen fol. ium beginnen. Aber die Rubrikenliste zu Buch 3 unterbricht den Text von C.3.1.13, und die Liste zu Buch 4 zerteilt C.3.44.6. Die Rubriken zu Buch 1 stehen übrigens zusammen mit denjenigen zu Buch 7 auf fol. 128. Anscheinend sollten diese Listen die Arbeit der Rubrikatoren erleichtern.


Author(s):

  • Justinianus imperator

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