Manuscripta juridica

[Principal Investigator: G. R. Dolezalek]







Glossae ad Codicem Justinianum.


Author(s):

  • Bulgarus de Bulgarinis

Incipit:

  • Doctrina est forma que [and then:] inmaginem deformatam restituit

Glossae ad Codicem Justinianum. Die Handschrift wurde nicht durchlaufend glossiert, sie hat auch kein Linienschema für Glossen. Dennoch lassen sich über zahlreiche Strecken zwei Glossenschichten ver folgen:

Als vermutlich älteste Glossenschicht enthält die Handschrift eine eigenartige Notabilienkette in mittelbrauner Farbe. Zu ihr gehören außer Notabilien in der üblichen Dreiecksform, eingeleitet durch ein großes N in Tinte, zahlreiche sonderbar geformte Merkzeichen, von denen nur wenige als verziert abgewandelte Buchstaben gedeutet werden können. Beispiele: [abgebildet in Dolezalek, 'Repertorium ... Codicis'] (fol. 15v), (fol. 16rb), (fol. 17r), (fol. 63rb, 64rb, 69rb), (fol. 63rb), (63va, 64rb, 64va), (fol. 65vb), (64vb), (68rb, 70rb), (78rb) (70r), (81rb), (94rb) [alle ebendort]. Die meisten dieser Zeichen sind von Worten in winziger Schrift umgeben, die auf etwas Bemerkenswertes im nebenstehenden Gesetzestext hinweisen. Sie erfüllen also die Aufgabe von Notabilien. In einigen Fällen, wo durch gleichgeformte Zeichen auf Sinnverwandtschaften im Text aufmerksam gemacht wird, erfüllen sie zudem die Funktion der 'roten Zeichen', die wir in Handschriften aus späterer Zeit antreffen.

Einige Merkzeichen sind hellrot verziert, andere sind sogar ganz in Rot ausgeführt (z. B. fol. 17rb, 85va, 91rb, 94rb). Demnach waren die Zeichen bei der Rubrizierung bereits vorhanden.

Alle Schrift in dieser Glossenmasse ist sehr klein und in dünnen Strichen geschrieben, in krummen Zeilen.

Gelegentlich finden sich einzelne texterklärende Glossen (z. B. Fol 211rb). Auf fol. 71r hat dieselbe Hand, die Glossen dieser Masse schrieb, zwei Digestenstellen im vollem Wortlaut und mit vollständiger Inskription wiedergegeben, ohne dabei zu zitieren, aus welchem Digestentitel die Stellen entnommen sind.

Die zweite Glossenschicht umfasst die Hauptmasse der Glossen. Sie sind in der Farbe des Textes des vierten Buches geschrieben, rotbraun. Es handelt sich um eine Allegationenkette mit gelegentlich eingeschalteten Solutiones contrariorum (z. B. fol. 85rb mit Siglum {i}b{/i}). Auch das Decretum Gratiani ist zitiert (fol. 6rb, 10ra). Vereinzelt kommen von dieser Hand auch Notabilien mit Tinteninitiale vor (z. B. fol. 79rb), und streckenweise erscheinen texterklärende Glossen - letztere fast alle marginal und meist schmucklos: Wenige haben eine Tinteninitiale, und nur ganz selten begegnet ein Paragraphenzeichen, das dann die besondere Form wie abgebildet im 'Repertorium ... Codicis' hat (z. B. fol. 76v-77r)[abgebildet ebendort].

Auf fol. 63va steht eine texterklärende Glosse mit Siglum {i}b{/i}, fol. 211va eine andere mit voranstehendem Siglum {i}y{/i}. Ein Charakteristikum dieser Schicht sind Glossen, die mit den Worten 'ut lae. in dig.' (= ut laegitur in Digestis) enden. Der 'ff'-Kürzel dieser Hand hat einen nach unten gebogenen Oberstrich: [abgebildet in Dolezalek, 'Repertorium ... Codicis'].

Der Großteil der Allegationen steht auf dem Innenrand, hingegen der Großteil der sonstigen Glossen auf dem Außenrand.

Die Handschrift wurde dann längere Zeit hindurch benutzt, um hier und da einzelne Glossen einzutragen, marginal und interlinear. Das Ende dieser Periode bezeichnen zwei Glossen fol. 181rb und 191rb mit Siglen {i}Ot{/i} und {i}yr{/i}sowie auf fol. 41rb eine Glosse mit vorangestelltem Lemma und Siglum {i}ac{/i}. Siglen sind insgesamt selten. Eine mehrfach auftretende Hand in sehr dunklem Braun und mit Paragraphenzeichen ähnlich einem Wurm [abgebildet in Dolezalek, 'Repertorium ... Codicis'], schreibt mit Siglum {i}m{/i} (z. B. fol. 213rb, 214vb). Diese Hand hat vor allem Allegationen hinterlassen.

Auch Authentiken kamen zu den vorhandenen hinzu, z. B. fol. 208r und 212r, mit Herkunftsangabe. Bei der Authentica 'Si qua mulier' (fol. 6v) ist die Herkunftsangabe ausnahmsweise rot geschrieben, aber in dunklerem Rot als die Titelrubriken.

Es gibt Textvarianten, z. B. fol. 85va: 'R. h. professionem' - vermutlich ein Hinweis auf den Liber Rogerii, dem also diese Lesart zugeschrieben wird.

Wo die Reihen folge der Leges gestört war, nummerierte man sie in der richtigen Ordnung durch (z. B. fol. 80v-81r: A B C D etc., jeder dieser Buchstaben waagrecht durchstrichen).

Gegen Ende des 12. Jahrhunderts wurde unsere Handschrift aus ihrem Einband gelöst und in einzelne Faszikel zerlegt, um in einem Schreibzentrum als Textvorlage für Abschriften zu dienen - ihre Quaterne wurden also als Petien benutzt. Von daher wohl der Vermerk auf fol. 2v: 'Iste quaternus est Bernardi de Tabulis'; denn Exemplaria wurden oft einfach 'quaternus' genannt, vermutlich deshalb, weil sie aus losen Faszikeln bestanden (volkstümlich 'quaternus' = 'Heft', so auch italienisch 'quaderno').

Für den neuen Dienst der Handschrift als Abschreibe-Vorlage änderte eine schwarz schreibende Hand folgendes:

Neben dem Ende von C.1.1.8, das ja in winziger Schrift in sehr engen Zeilen geschrieben ist, noch dazu oft verfließend (siehe oben), steht ein Vermerk, der sich eindeutig an Abschreiber wendet, - in vermutlich französischer Schrift: 'Si nescis legere istam minutam litteram, dimitte duas columnas et dimidiam'. In der Tat glaube ich mich zu erinnern, eine Handschrift gesehen zu haben, bei der in C.1.1.8 zweieinhalb Kolumnen eine abweichende Tintenfarbe hatten, also nachträglich von einem Schreiber eingesetzt waren, der bessere Augen hatte als der erste Schreiber.

Am Rand von fol. 6v steht neben C.1.2.1: 'Scribe hic sequens folium per ordinem usque in finem et postea redi ad legem 'Illud' ubi est crux'. Ursprünglich folgten nämlich auf C.1.2.1 direkt C.1.2.11-13 und dann C.1.2.19. Die Leges C.1.2.2-10 und 14-16 standen deplaziert auf fol. 11r-12r. Ein rot gezeichnetes Kreuz (= die erwähnte 'crux') verwies von dort zurück auf fol. 6v. Diese Verweisung erschien wohl späteren Benutzern als unbequem und unsicher, jedenfalls wurde neu das heutige fol. 7 mit dem Text C.1.2.2-16 eingeheftet, und die nunmehr überflüssigen Leges auf fol. 6v und fol. 11r-12r wurden durchstrichen.

Weitere Anweisungen an Abschreiber finden sich zum Beispiel auf fol. 6va, 9va, 90rb, 91va.

An vielen Stellen wurde der alte Text ergänzt und korrigiert. Dies fällt besonders auf bei fol. 8r, 11va, 14va, 36r, 36v, 75v, 99rb, 107v, 108r, 116r, 121va, 165va, 178r. Das nachgeheftete fol. 14 enthält C.1.3.54.11 finis - C.1.4.25. Schwarze Textnachträge stehen auf den Rändern des folgenden Blattes fol. 15r-v.

Bei fol. 20 war vermutlich C.1.17 nur in Kurzfassung vorhanden. Deshalb wurden Zeilen radiert und der fehlende Text hier und auf einem hinzugehefteten Blatt 21 nachgetragen. In gleicher Weise wurde in fol. 25v alter, unvollständiger Text ausgestrichen und durch Text auf einem neu eingehefteten Blatt 26 ersetzt.

Auch fol. 73rb hat marginale Textnachträge.

Auf dem Außenrand von fol. 90rb sind große Rasuren zu sehen. Vermutlich standen früher auch dort nachgetragene Leges. Später fügte irgend jemand vor diesem Blatt Nr. 90 heutiger Zählung ein Blatt 89 ein, auf dem der fehlende Text Platz fand, so dass die Nachträge auf fol. 90rb radiert werden konnten.

Auf Textnachträge am Rand von fol. 91rb folgt wiederum ein neues Blatt, fol. 92, und ebenfalls neu geschrieben sind fol. 179r und fol. 220r ab der Mitte.

Schließlich wurden die Einleitungskonstitutionen hinzugefügt, von anderer Hand geschrieben, auf Linien, die mit grau färbendem Stift vorgezeichnet sind, während sonst bei den neu eingefügten Blättern der Text auf farblosen geritzten Linien steht.

Alle neu geschriebenen Texte haben weder rote Rubriken noch farbige Initialen und entsprechen auch insofern dem äußeren Bild, das bei Petien üblich war.

Damit die Blätter nicht durcheinandergerieten, verließ man sich nicht mehr bloß auf die Nummerierung der einzelnen Faszikel in römischen Zahlen, sondern man versah die Faszikel zudem sorgfältig mit Reklamanten (teils mehrfach) und setzte weitere Reklamanten auch ans Ende zahlreicher Seiten im Inneren der einzelnen Faszikel. Am Ende von Buch 3, fol. 55-61, findet sich sogar auf jedem einzelnen Blatt ein Reklamant


Author(s): Bulgarus de Bulgarinis, et alii

No. of pages: Fol. 5r-220r

Incipit:

  • (erste Glossen, C.1.1.1:) Doctrina est forma que inmaginem deformatam restituit.

    C.1.1.1 'religionem versari quam': idest qualem.

    C.1.1.1: Virtus legis est iubere, permittere, uetare, punire