LOCATION | München, BayStB |
MANUSCRIPT | München, BayStB, Clm. 22 |
ITEM No. 4 | Codex Justinianus |
Codex Justinianus
Author(s):
Codex Justinianus . Incipit und Explicit normal. Verkürzte Inscriptiones. Reste von griechischen Texten (z. B. fol. 4ra).
Für Text und Glossen sind Ritzlinien gezogen. Die Farbe der Schrift wechselt zwischen schwarz und mittelbraun.
Zwischen Buch 1 und 2 hat der Schreiber aus Versehen das Schlussblatt der Vorlagehandschrift abgeschrieben. Also muss die Textvorlage aus losen Blättern bestanden haben, deren Reihenfolge man stören konnte. Der Text von Buch 1 endet korrekt auf fol. 30va. Noch in derselben Zeile springt der Text abrupt mitten hinein in C.9.49.9.1 und fährt fort bis zum korrekten Ende von Buch 9. Dahinter folgen die Leges C.6.21.3-6.21.4. Anscheinend fehlten diese Leges in der Textvorlage und waren deshalb am Schluss der Handschrift nachgetragen (Übrigens: in dieser Handschrift München Clm. 22 sind diese Leges an der richtigen Stelle eingetragen, fehlen also dort nicht). .
Es folgt dann ein fiktiver Libellus accusatorius als Beispiel: 'Imperatore Federico regnante tertio anno imperii eius consulibus existentibus Acarisio et Isnardo et Ursolino indictione v., vi. decimo kalendas iulii apud dominum Martinum Gosum ego Guilielmus accuso Alexandrum lege Cornelia de sicariis propter incendium quod facere uoluit in ciuitate Bononie mense madii consulibus predictis existentibus. Et paratus sum dare legitimos fideiussores de lite exercenda usque ad finem.
Es folgt dann der Vermerk 'Explicit liber I, incipit liber secundus de edendo' (fol. 31v). Das zitierte Libell-Beispiel wurde auch schon von Savigny in MS Paris BN lat. 4458A neben D.48.2 gefunden (Geschichte ... vol. 4 p. 134 nota g). Dort jedoch heißt es ' anno quinto (= 1157) und statt des Konsuls Isnardus, der in der Tat damals regierte, wird falsch ein Marsilius genannt.
Die Handschrift ist nicht hinter Buch 5 geteilt, stammt aber von einer Handschrift ab, die dort geteilt war. Dazu sogleich noch Näheres.
Regelmäßige Heftung in Quaterniones. Die Reklamanten stehen unter der Mitte der Kolumne vb und sind teils durch je zwei Punkte nach den vier Seiten hin hervorgehoben.
Die Außeninitialen, die 'Idem' und 'Imperator' einleiten, sind stets hellblau, die Initialen der Textanfänge sind stets rot, senkrecht blau durchstrichen.
Der Text ist verziert mit roten und blauen Ranken sowie mit rot umrissenen Tierzeichnungen, die grün und manchmal auch hellbraun ausgemalt sind (z. B. fol. 43r, 81r, 121ra., 129r, 137r, 145r, 153r, 161r, 195v). Die Verzierung findet sich regelmäßig auf dem ersten Blatt jedes Faszikels. Bei den Buchanfängen steht in hohen, schmalen Buchstaben im Farbwechsel MPERATOR, nach rechts durch eine Schnörkelleiste abgeschlossen. Links ist Platz für ein mehrere Zeilen hinunterreichendes, langes I gelassen. Ausgeführt ist dieser Buchstabe nur bei Buch 1: Er zeigt in den roten Umrissen des I einen stehenden Kaiser. Buch 2 = fol. 31v; 3 = fol. 47v; 4 = fol. 64r; 5 = fol. 90r; 6 = fol. 119v; 7 = fol. 151v; 8 = fol. 176r; 9 = fol. 195v.
Die Authentiken stehen im Glossenraum und sind in der üblichen Weise durch Initialen im Farbwechsel, durch rote und blaue Ranken und durch rote Herkunftsangaben hervorgehoben. In der Schriftfarbe gleichen sie teils dem Text, teils den Glossenhänden 1 und 2. Jedoch sind Authentiken auch von späteren Benutzerhänden nachgetragen, z. B. fol. 148r, 179v. Zwischen fol. 67 und fol. 68 ist ein kleines Blatt mit der Authentica Habita eingeheftet. Die Authentiken auf den Rändern tragen teilweise Siglen: Job.; P.; W.; Al. Sie wurden aus diesem MS ediert durch Palmieri.
Auf dem unteren Rand vieler Blätter stehen in der Mitte römische Zahlen: Gezählte und nicht gezählte Blätter folgen unregelmäßig aufeinander, so dass die Zählung für die hier vorliegende Handschrift keinen Sinn ergibt. Statt dessen scheinen sich die Zahlen auf die Einteilung des Texts in Petien zu beziehen:
i. fehlt; ii. fehlt; iii. Fol. 9v; iiii. Fol. 15r; v. Fol. 22v; vi. Fol. 32v; vii. Fol. 34v; viii. Fol. 39r; viiii. Fol. 41v; x. fehlt; xi. Fol. 46r; xii. Fol. 48r; xiii. Fol. 50v; xiiii. Fol. 54r; xv. Fol. 57v; xvi. Fol. 60r; xvii. Fol. 62v; xviii. Fol. 65v; xviiii. Fol. 67v; xx. Fol. 70r; xxi. Fol. 72r; xxii. Fol. 75v; xxiii. Fol. 77v; xxiiii. Fol. 80r; xxv. Fol. 82v; xxvi. Fol. 85r; xxvii. Fol. 88r; xxviii. Fol. 90r; xxviiii. Fol. 94v; xxx. Fol. 99r; xxxi. Fol. 102v; xxxii. Fol. 106r; xxxiii. Fol. 110r; xxxiiii. Fol. 113r; xxxv. Fol. 117r, reicht bis zum Ende des Buches 5; i. Fol. 120r; ii. Fol. 122r; iii. Fol. 123v; iiii. Fol. 127v; v. Fol. 132v; vi. Fol. 136r; vii. Fol. 137v; viii. Fol. 140v; viiii. Fol. 143r; x. Fol. 146v; xi. Fol. 151v; xii. Fol. 156v; xiii. Fol. 161r; xiiii. Fol. 163v; xv. Fol. 166r; xvi. Fol. 167v; xvii. Fol. 170r; xviii. Fol. 175r; xviiii. Fol. 176r; xx. Fol. 177r; xxi. Fol. 180r; xxii. Fol. 183v; xxiii. Fol. 186v; xxiiii. Fol. 189v; xxv. Fol. 192r; xxvi. Fol. 196v; xxvii. Fol. 199v; xxviii. Fol. 203v; xxviiii. Fol. 207r; (reicht bis zum Ende = fol. 210v.).
Offensichtlich benutzte man als Vorlage-Exemplar zur Herstellung von Codex-Texten eine alte Handschrift, die in 64 Teile zerlegt war. Man kann wohl unterstellen, dass die Einteilung eine gleichmäßige war, zum Zwecke des Abschreibens: Vermutlich je vier Blätter von den 256 Blättern der Mutterhandschrift wurden miteinander verbunden und als zwei Doppelblätter (= Binio) durchnummeriert.
Dass unsere Handschrift Petiennummern trägt, kann zwei Gründe haben: Entweder wurde bereits sie selber von Petien abgeschrieben, und jedesmal, wenn unser Schreiber eine neue Petia in Angriff nahm, vermerkte er auf dem unteren Rand unserer Handschrift die Nummer. Oder aber unsere Handschrift selbst sollte als Petia zweiten Grades für den Text oder die Standardglossierung dienen: Um klarzustellen, welche Blätter der vorliegenden Handschrift jeweils den Petien des maßgebenden Bologneser Exemplars entsprechen, setzte man auf die Blätter die Petiennummer.
Leider ist nicht angegeben, an welcher Stelle der jeweiligen Seite unserer Handschrift die vorige Petia endet und die neue Petia beginnt. Wir können deshalb aus der vorliegenden Handschrift für die einzelnen Petien nur rahmenweise entnehmen, welche Textstrecke sie mindestens umfasst haben und bis wohin ihr Text höchstens gereicht haben kann. Die höchstmögliche Länge schwankt - auf unsere Handschrift bezogen - zwischen zwei Textblättern einerseits (Petia II.2) und zehneinhalb Textblättern andererseits (Petia I.5).
Als Ur-Handschrift (Exemplar) diente eine sehr alte Handschrift, die eine ziemlich große Schrift hatte (wie MS München Clm. 6375) und deren Buch 1 früher stark epitomiert gewesen war.
Im Durchschnitt entsprechen fünf Blätter der maßgebenden Handschrift vier Blättern in unserer Handschrift (Teil I: 3, 4; Teil II: 3, 0).
Es fällt auf, dass das erste Buch des Codex in der Ur-Handschrift weniger als zwanzig Blätter einnahm (vgl. z. B. MS Paris BN lat. 4516 und den Urzustand in MS Bamberg, StaatsB, Jur. 20), während es in der Münchener Handschrift 29 Blätter füllt. Offensichtlich waren in Buch 1 die Blätter des Petienexemplars besonders dicht vollgeschrieben. Da in diesem Teil des Codex das byzantinische Ämterrecht enthalten ist, das in den epitomierten Handschriften des Codex nur sehr verkürzt wiedergegeben wurde, können wir vermuten, dass die Mutterhandschrift ursprünglich epitomiert war und dass in ihr zahlreiche Constitutiones erst nachträglich ergänzt wurden, sei es auf den Rändern, sei es auf hinzugefügten Blättern, sei es auf Rasur, die mit winziger Schrift neu überschriftet wurde (vgl. MS Berlin, SBPK, Lat. fol. 272).
Vermutlich wurden zahlreiche Handschriften des Codex von dieser Mutterhandschrift oder von einer gleichartigen abgeschrieben. Daraus lässt sich erklären, warum in vielen alten Handschriften des Codex einzelne Constitutiones an falscher Stelle stehen: Sie standen in der Urvorlage auf dem Rand und wurden beim Abschreiben vom Kopisten an die falsche Stelle gezogen.
Darüber hinaus wird klar, weshalb in den Bologneser Handschriften die Einleitungskonstitutionen fehlen oder von anderer Hand nachgetragen sind: Sie fehlten in der epitomierten Mutterhandschrift.
Weiterhin lässt sich nachrechnen, weshalb die Bologneser den Codex gerade zwischen Buch 5 und 6 in zwei Teile teilten: In der Mutterhandschrift entstanden durch die Teilung Hälften mit 140 und mit 116 Blättern, annähernd gleich groß, nur 24 Blätter Unterschied. Hätte man dagegen Buch 1-4 einerseits und Buch 5-9 andererseits zusammengefasst, so wären Hälften von 108 und 148 Blättern entstanden, der Unterschied hätte also 40 Blätter betragen, wäre somit um sechzehn Blätter größer gewesen als bei der anderen Lösung.
Bei unserer nicht epitomierten Handschrift Clm. 22 umfasst Teil I 117 Blätter und Teil II 91 Blätter. Läge die Trennlinie zwischen Buch 4 und 5, so ergäbe sich ein um sechs Blätter ungünstigeres Verhältnis, nämlich 88: 120.
Author(s):
No. of pages: Fol. 3ra-210vb
Literature quoting this item: Dolezalek / Ciaralli, Codicis epitome 78, 96n61