LOCATION | Montpellier, BU Méd. |
MANUSCRIPT | Montpellier, BU Méd., H.82 |
ITEM No. 4 | Glossae ad Codicem Justinianum |
Glossae ad Codicem Justinianum
Author(s):
Glossae ad Codicem Justinianum . Um zu sehen, wie sich die wichtigen jüngeren Glossenmassen der Handschrift unterscheiden und woran sie zu erkennen sind, empfiehlt es sich, fol. 11v zu betrachten. Dort sind drei wichtige Schichten nebeneinander zu sehen.
Zweite Glossenmasse (= Glossenschicht): Eine Hand des saec. XII medies schrieb in mittelbrauner Farbe Allegationes, außerdem Notabilien mit Tinteninitiale und einzelne texterklärende Glossen. Diese Hand verwendet für die Digesten einen besonders geformten Kürzel [abgebildet in Dolezalek, 'Repertorium ... Codicis Justiniani'] und zitiert gelegentlich auch das Decretum Gratiani, so zum Beispiel fol. 11v neben C.1.3.54.5: 'In dec. xviii. q. i.' (Decr. Grat. C.18 q. 1, zutreffend).
Dritte Glossenmasse: Aus dem saec. XII ex. stammen balkenbildende, texterklärende Glossen, nämlich ab fol. 1ra unten einige Notabilien und vor allem eine Allegationenkette, die von verschiedenen Händen in hellbrauner bis dunkelbrauner Tinte eingetragen wurde. Mehrfach lässt sich beobachten, dass eine dickflüssige goldbraune Schrift durch eine dünne dunkelbraune abgelöst wird (fol. 184-191 gegen fol. 192 ss.). Es gibt aber auch fließende Übergänge, und es begegnen auch beide Farben auf derselben Seite (fol. 215). Bei fol. 82-95 zum Beispiel herrscht ein untrennbares Durcheinander sehr verschiedener Allegationenhände. Die goldbraunen Allegationes bilden bei den nachgehefteten Blättern fol. 189-191 die älteste Glossenschicht.
Von den Siglen her gesehen zeigt sich kein Unterschied zwischen goldbraunen und dunkelbraunen Allegationes. Es finden sich vorangestellt die Siglen {i}y{/i}(fol. 213v), {i}yr{/i}(fol. 215r), {i}a{/i}(fol. 224v), {i}Ja{/i}(fol. 260r), {i}Io{/i}(fol. 158v), {i}r{/i}(fol. 213r), {i}ot{/i}(fol. 213rb). Hier und da sind hinter Allegationes von Konträrstellen noch Solutiones gehängt, darunter auch lange Texte. Sie tragen am Ende Siglen {i}R{/i} (fol. 171r, 214v), {i}yr{/i} (fol. 190r) und {i}m{/i} (fol. 150r).
Die Handschrift hat insgesamt nicht viele Notabilien; davon jedoch gehören die meisten zu dieser dritten Glossenmasse.
Außer den zahlreichen Allegationes und außer den Notabilien finden sich vereinzelt einige wenige texterklärende Glossen (fol. 126v, 213r).
Zahlreiche Allegationes der ersten Glossenmasse und Streuallegationen verschiedener alter Hände sind mittels Zusätzen und Korrekturen in die durchlaufende Allegationenkette der dritten Masse eingearbeitet worden.
Vierte Glossenmasse (= Glossenschicht): Weitaus die meisten Glossen stammen von einer Hand des dreizehnten Jahrhunderts, mit stark abgekürzter, kursiver, schnörkeliger Schrift. Die Tintenfarbe wechselt etwas. Meistens ist sie schwarzbraun, selten schwarz, gelegentlich hellt sie auf bis zu hellbraun.
Diese Schicht ist die umfangreichste. Die meisten interlinearen Glossen gehören zu dieser Schicht, ebenso die meisten der marginalen Glossen. Die marginalen Glossen beginnen häufig mit dem Kürzel 'No.' für 'Nota' . In einigen Fällen steht davor ein Paragraphenzeichen in Form eines Buchstabens C, der senkrecht durchstrichen ist. Häufig geht ein Lemma voran, unterstrichen. Die Texte sind oft beträchtlich lang. Viele Texte enden mit einer ausführlichen Distinctio (fol. 92v, 95r, 97r etc.). Zahlreiche Texte haben den Charakter von zusammenfassenden Commenta.
Glossen von dieser Hand stehen auch auf dem nachträglich eingehefteten Blatt 27. Auf den älteren Blättern hat der Schreiber dieser Glossen oft ältere Glossen mit verwendet, indem er sie ergänzte oder korrigierte.
Anscheinend haben wir es hier mit einer Vorlesungsmitschrift zu tun, bei der ein Student selbständig den vorgetragenen Stoff formulierte und niederschrieb; denn nur selten finden sich wörtlich Formulierungen aus dem alten Glossengut der Bologneser Schule. Auf fol. 93v infra wird eine Dekretale des Jahres 1217 angeführt: 4.Comp. 2.9.1 = X.2.24.28. Also stammt die Glossenschicht aus der Zeit nach 1217.
Ich habe bei flüchtiger Durchsicht keine Stelle gefunden, in der der Student seinen Lehrer ausdrücklich bezeichnet. Jedoch zitiert er häufig Johannes Bassianus und Azo und kennt auch bereits Odofredus. Hinter einigen Glossen steht das Siglum {i}ac{/i}, z. B. fol. 207 infra, C.7.39.7; auch fol. 152v, C.6.11.2: Secundum Io. et Azo. Alii dicunt ... Sed dic quod per duos testes probari (potest) institutio et sollempnitas. ac. Weitere bemerkenswerte Zitate: fol. 87ra: Pla. dicebat quod non. Sed moderni doctores Io. et Azo dicunt contrarium; fol. 90ra infra: Sed Io. et Azo dicunt ... Dicit dominus Odofredus et omnes doctores Bononienses ... ; fol. 104r infra: Sed Azo dicit ... ; fol. 207r infra, C.7.39.7: Dominus Io. et Azo ... Dominus Odofredus dicit ... ; fol. 203v infra: Sed dominus Azo dicit ... .
Sonstige Glossen:
Die Handschrift enthält außerdem noch Streuglossen von vielen verschiedenen Händen, beispielsweise goldbraune texterklärende Glossen in breiter Schrift mit Siglum {i}m{/i} (fol. 13r) und grobe Notabilien, die nicht wie üblich in Dreiecksform geschrieben sind (fol. 158v). Darüber hinaus stehen auf freigebliebenen Räumen eine Reihe von Kleinschriften, die sonst auch außerhalb von Corpus-Juris-Handschriften überliefert sind oder sein könnten.
Author(s): Albericus; Jacobus; Johannes; Irnerius; Rogerius; Henricus de Bayla (siglum: yr.), et alii
No. of pages: (item 4)
Literature quoting this item: Mordini, Il segno 'sia'