LOCATION | Montpellier, BU Méd. |
MANUSCRIPT | Montpellier, BU Méd., H.82 |
ITEM No. 1 | Codex Justinianus |
Codex Justinianus
Author(s):
Codex Justinianus bis zu C.9.22.9, ohne Einleitungskonstitutionen.
Reklamanten in feiner Schrift stehen jeweils unter der Mitte der letzten Seite der Faszikel, etwas nach rechts versetzt. Möglicherweise stammen einige vom Schreiber des Textes, aber der Großteil scheint von derjenigen Hand zu stammen, die auch die älteste Kette von Allegationes schrieb.
Einspaltig geschrieben, jedoch nicht fortlaufend, sondern in mehreren Partien, so dass auf den Schlussblättern einiger Faszikel noch Platz frei blieb, der später mit sonstigen Texten gefüllt wurde - dazu unten Genaueres. Es waren mehrere Schreiber beteiligt. Mindestens die 2 1 / 2 Quaterniones von fol. 63 bis fol. 80 stammen von anderer Hand als der übrige Text. Die Tintenfarbe wechselt von Schwarz bis zu Dunkelbraun. Auf manchen Seiten ändert sich die Farbe mitten im Text, ohne dass Unterschiede in der Schriftart zu bemerken wären.
Der Text bricht mit C.9.22.9 ab. Im saec. XII ex. lief der Text jedoch über diese Stelle hinaus: Das beweist der Reklamant auf fol. 263v, der von einer Glossenhand jener Zeit gesetzt worden ist.
Die Inscriptiones sind vollständig. Sie sind auf die rechte Seite der Zeile über dem eigentlichen Textanfang gerückt, parallel der Schreibgewohnheit beim Decretum Gratiani. Sowohl die Inscriptio wie auch der eigentliche Text beginnen jeweils mit einer roten Initiale, beim Textanfang ist sie zusätzlich gelb gefüllt oder gelb verstärkt. Die nachfolgenden Buchstaben der Inscriptio waren ursprünglich ebenfalls rot geschrieben, wie die Rubriken, sind aber nachträglich in voller Länge Buchstabe für Buchstabe mit Tinte übermalt worden.
An Stellen, wo griechische Leges fehlen, steht rot 'constitutio greca' .
Die Handschrift ist geteilt vor Buch 4. Dieses Buch beginnt auf fol. 82 mit einer neuen Quaternio. Buch 3 endet auf fol. 81r medis. Der verbliebene freie Raum wurde benutzt, um Distinctiones des saec. XII zu notieren. Hingegen ist zwischen Buch 4 und 5 keinerlei Einschnitt (fol. 111).
Offensichtlich hatte die Handschrift ursprünglich Lücken im Text, die nachträglich ergänzt werden mussten. So wurde beispielsweise zwischen Blatt 13 und 15 ein Blatt weggeschnitten, nämlich das sechste Blatt der zweiten Quaternio, Partnerblatt zu Blatt 11. An Stelle dessen wurde das jetzige Blatt 14 eingefügt, gefüllt mit Schrift, die die Schrift des alten Textes imitiert. Weiterhin sind am Anfang von Blatt 28r Zeilen wegradiert worden. Offensichtlich fehlte dort der Titel C.1.28 'De officio praefecti urbis' , denn dieser Text findet sich auf einem zusätzlich davor eingehefteten Blatt (fol. 27) und eben auf fol. 28r über der Rasur. Die Textzeilen, die auf fol. 28r wegradiert wurden, sind neu auf dem unteren Rand von fol. 26v geschrieben worden.
Auch an anderen Stellen sind Blätter nachträglich hinzugeheftet worden, um fehlenden Text nachzutragen fol. 189-191 sind im saec. XII ex. nachgeheftet und enthalten einspaltig und in der Gestaltung dem alten Text angepasst C.6.60.2 bis Ende Buch 6. Von ähnlicher oder gleicher Hand steht am Rand neben C.2.7.25 (fol. 42rb) nachgetragen C.2.7.26-27. Hinter C.6.37.23 auf fol. 172r folgen nachgetragen zunächst C.6.37.24 und dann C.7.16.16-18 und C.7.16.20-21.
Das nachträglich eingeheftete Blatt 27 war übrigens palimpsestiert. Die ausgelöschte Schrift war zweispaltig, hatte nur rote Initialen und enthielt Leges aus den Tres libri Codicis Justiniani, vermutlich im saec. XII.1 geschrieben. In der Kolumne rb oben sind noch einige Worte lesbar: sie gehören zu C.11.43.10.2.
Die Authentiken stammen nicht vom Textschreiber, sondern sind von mehreren jüngeren Händen hinzugefügt worden. Meist werden sie durch rote Einrahmung hervorgehoben. Viele Authentiken hat erst jener Glossenschreiber des 13. Jahrhunderts eingetragen, der interlinear und marginal die meisten Glossen hinterlassen hat, in stark abgekürzter, kursiver Schrift, meist dunkelbraun, bisweilen aber schwarz.
Zwischen den Glossen und teilweise in der Farbe von Glossenschichten finden sich zahlreiche wörtliche Zitate aus den Digesten, die neben Codex-Stellen des gleichen Themas gesetzt worden sind. Teils gleicht die Schreibart derjenigen der Glossen, teils sind größere Buchstaben verwendet, so als handele es sich um Authentiken oder Textnachträge. Vor dem wörtlichen Zitat ist die Fundstelle angegeben, z. B.: 'in d.t. de publicis iudiciis' , oder: 'In d.t. eodem' etc. Mit enthalten ist in vielen Fällen die vollständige Inskription des Digestenfragmentes (Beispiele: fol. 203r, 254v, 262v, 263r). Offensichtlich diente die Handschrift einem Benutzer, dem die Digesten nicht ständig zugänglich waren. Es handelt sich fast ausschließlich um Zitate aus dem Digestum vetus. Auf fol. 67va jedoch findet sich ein Zitat aus dem Infortiatum, gehörig zur ältesten Glossenschicht: In d. l. xx. ii. t. de liberis et postumis. Paulus l. ii. ad Sabinum. Si filium exheredauero (=D.28.2.9.2).
Die Handschrift war über längere Zeit in Faszikel zerteilt und nicht gebunden. Das zeigt sich daran, dass der Anfang des fünften Faszikels (C.2.1.1) stark abgewetzt und verfleckt ist. Vielleicht war die Handschrift nicht gebunden, um bequem Glossen eintragen zu können, so wie auch MS Leiden D'Ablaing 1. Vielleicht auch wurden die Faszikel als Petiae benutzt. Es wäre zu untersuchen, ob andere erhaltene Handschriften von dieser abgeschrieben worden sind.
Die einzelnen Bücher beginnen jeweils mit einer sehr großen Initiale für den Textanfang, verziert durch verschlungene Ornamente, die blau, rot, grün und gelb ausgemalt sind.
Die Handschrift ist im saec. XVIII neu gebunden worden, sehr straff, so dass die Glossen auf den inneren Rändern nur teilweise sichtbar sind. Beim Neubinden ist die Handschrift ringsum stark beschnitten worden. Bei zahlreichen Seiten lässt sich erkennen, dass oben Glossen verlorengegangen sind, und auch an den Außenrändern sind oft Texte von Glossen weggeschnitten, meist traf es Notabilien.
Die Handschrift hat Glossen vieler verschiedener Hände. Jedoch lassen sich dabei vier große Massen unterscheiden: Glossen aus dem saec. XII.1 in verschiedenen Farben, eine Schicht aus dem saec. XII medies, eine Masse verschiedenfarbiger Glossen aus dem saec. XII.2 und eine kursive Schicht aus der Lebenszeit des Accursius, die über viele Strecken sehr dicht ist.
An vielen Stellen ist zu erkennen, dass Glossen des 12. Jahrhunderts wegradiert worden sind, vor allem, um Platz für die kursiven Glossen des dreizehnten Jahrhunderts zu schaffen. Deutlich zu sehen ist dies bei fol. 167-171.
Älteste Glossenmasse: .
Bereits in der ersten Hälfte des zwölften Jahrhunderts sind in verschiedenen Tintenfarben und uneinheitlich, also nicht in einem Zuge, Allegationes im Ante-retro-System eingetragen worden, gut zu sehen z. B. fol. 242v - 243r. de hereticis et manicheis' . Dem entspricht richtig auf fol. 14rb neben C.1.5.4 die Rückverweisung 'r. t. de summa trinitate et fide catholica' (C.1.1.3).
Längere Texte dieser Kette sind ab fol. 10r erhalten. Die Allegationes sind dort dunkelbraun, weiter hinten aber meist blass gelbbraun bis hellbraun. In dieser Kette werden ausschließlich Parallelstellen aus dem Codex Justinianus selbst angeführt, und zwar nicht nach rechts eingerückt und ohne vorgezeichnete vertikale und horizontale Linien. Jede Schriftzeile beginnt mit einem galgenförmigen Paragraphenzeichen. Dahinter folgt dann oft nicht nur eine Allegation, sondern es folgen gleich mehrere hintereinander: z. B. fol. 10r '§ a.l.iii. t. de testamentis et quemadmodum testamenta ordinentur, l. Consulta diualia' (C.6.23.3 et 23). Bei diesem Beispiel und gelegentlich auch bei anderen Allegationes sind auch die Anfangsworte der gemeinten Lex zitiert. Für gewöhnlich fehlt aber diese letztere Angabe, und es wird nur der Titel zitiert.
Es kommen auch Allegationes vor, in denen angegeben ist, wie viele Folia man vorwärts oder rückwärts blättern soll. Zum Beispiel steht neben C.1.3.16 (fol. 6va) 'a iii.' , umschlossen von einem Kreis in Tinte, mit vier ausgefüllten, einwärts zeigenden Zacken. Tatsächlich findet sich wie angezeigt drei Blätter weiter hinten, neben C.1.3.36 (fol. 9v) die zugehörige Rückverweisung 'r iii.' , in gleicher Weise umrandet.
fol. 12va steht '§ a.l.vii. t. de appellationibus et consultationibus. Addictes' (=C.7.62.29), wobei das 'l.' nachträglich in anderer Farbe hinzugefügt wurde, und ebenso das Zitat der Lex am Ende. In paralleler Form lesen wir auf fol. 13va neben C.1.4.31 '§ a.l.vii. t. de annali exceptione et a. t. de non numerata pecunia' (C.7.40 et C.4.30). Weitere vier leicht einsichtige Beispiele für solche Allegationes sind auf fol. 12va unten und auf fol. 13rb erhalten.
Die Paragraphenzeichen der Allegationes haben Formen wie abgebildet in Dolezalek, 'Repertorium ... Codicis Justiniani'.
Auf einigen Seiten sind die Oberschäfte der Buchstaben dieser Schicht stark verlängt, das ist aber nicht häufig (fol. 94r-v). Vielfach tragen die Allegationes Zusätze oder Verbesserungen von Hand der Schreiber der zweiten, späteren Allegationenkette. Die Kürzel 'a.' und 'r.' sind oft in 'i' und 's' abgeändert, und die genaue Angabe der zitierten Lex ist angefügt (fol. 11v, 12r). In einem solchen Fall, auf fol. 171r, steht vor dem Paragraphenzeichen das Siglum {i}y{/i}. Es ist aber nicht zu erkennen, auch bei Beleuchtung mit direktem Sonnenlicht nicht, ob das Siglum von der ursprünglichen Hand oder von der Zusatzhand stammt. Auch auf fol. 46rb steht vor zwei Allegationes das Siglum {i}y{/i}.
Wenig jünger sind einige Allegationes, die zwar bereits statt {i}a{/i}. und {i}r{/i}. die Kürzel für {i}infra{/i} und {i}supra{/i} verwenden, auch bereits das Incipit der zitierten Lex angeben, aber zusätzlich noch das alte System des Verweisens mittels einer Umblätter-Anweisung beibehalten haben.
Aus dem frühen zwölften Jahrhundert stammen weiterhin eine Reihe von 'Regula' -Zeichen, in der Tintenfarbe der alten Glossen, so z. B. auf fol. 14rb neben C.1.5.4 ein 'R' , das nach vier Seiten hin durch je zwei Punkte und einen Strich abgehoben ist. fol. 10v, 56r, 84r, 173r. Außerdem begegnen Zeichen ' Rv' und 'A' : Das erstere ist wohl wiederum als 'Regula' zu lesen, das zweite soll wohl 'Argumentum' bedeuten. Zu beidem sogleich noch Genaueres.
' A' begegnet zum Beispiel auf fol. 209r, zweimal, in brauner Tinte. Dass der Buchstabe A für das Wort 'Argumentum' steht, ist eine Vermutung, aber durchaus nicht sicher. Auf fol. 209r steht neben jedem der beiden 'A' ein Notabile, einmal von gleicher Tintenfarbe, das anderemal von anderer Farbe. Aber ein Zweifel an der Bedeutung des 'A' bleibt, weil Notabilien in dieser und in anderen Handschriften sonst nicht in Wortverbindung mit 'Argumentum' aufzutreten pflegen.
'Rv' begegnet zum Beispiel fol. 7va, 9va, 10v, 127r, 129r, 153r-v, 154r, 159r, 180r, 187r et v, 188r, 212r. Das Zeichen 'Rv' hat auf fol. 127r ein Bezugszeichen, das im Text von C.5.17.8.7, ante § 7a, über dem Wort 'electione' wiederkehrt. Eine besonders wichtige 'Regula' vermag ich dort nicht zu erkennen. Auf fol. 129r steht neben dem Anfang von C.5.27.1 ' Rv tota' . Das könnte in der Tat bedeuten, dass 'die gesamte Lex' eine wichtige Regel enthalte. Das Wort 'tota' kommt im Gesetzestext selber nicht vor. Auf fol. 187va steht zu C.6.58.14.6 'iure veniant' ein braunes Zeichen 'Rv' . In der Tat ist dort in § 7 ein wichtiges Rechtsprinzip ausgesprochen, nämlich Erbfolge 'non ad stirpes, sed in capita' . Neben dem Zeichen stehen in selber Farbe die Worte 'in locum patris sui succedunt' . Diese Worte könnten jedoch auch zum gegenüberliegenden Blatt 188r Bezug haben, wo auf Rasur ein schwarzes Zeichen 'Rv' neben C.6.58.15.3b steht, neben der Zeile 'ex tercio gradu in locum recusantium succedant' .
eingetragen: zum Beispiel fol. 18rb. Diese Zeichen stammen aber nicht aus dem Anfang des 12. Jahrhunderts, sondern erst aus der Zeit nach 1150. Zwei Spiralen auf fol. 18r mit der Funktion, die sonst den 'Roten Zeichen' zukommt, könnten aber älter sein. Es finden sich auch einige Notabilienzeichen in der Farbe der ältesten Allegationes, z. B. fol. 216rb eine auf dem Kopf stehende Lilie und fol. 215va ein Stern.
Author(s):
No. of pages: Fol. 1ra-263vb
Literature quoting this item: Dolezalek / Ciaralli, Codicis epitome 78